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28.08.19

Erzähl mal! Julia von Stoffwindelguru erzählt uns etwas zu achtsamer Säuglingspflege und Nässefeedback

Wer sich mit Stoffwindeln beschäftigt, landet irgendwann auf dem Blog “Stoffwindelguru”. Ob Saugtests oder Anleitungen zur Wollpflege, hier findest du alles zum ökologischen und nachhaltigem Wickeln mit Stoffwindeln.


Julia Frick ist 34, Mama eines dreijährigen Jungen und trägt gemeinsam mit fünf Autorinnen mit ihrem Blog “Stoffwindelguru” zur Aufklärung über nachhaltige Säuglingspflege bei. Ihr Masterstudium in Kulturgeschichte der Technik & Umwelt (Schwerpunkt Nachhaltigkeit) sowie Philosophie hat sie vier Wochen vor der Geburt ihres Sohnes abgeschlossen. Studium und Mutterschaft gingen also nahtlos ineinander über. 2016 schloss sie ihre Ausbildung zur Stoffwindelberaterin ab.


"Nebenbei arbeite ich seit meiner Jugend mit Pferden. Die einfühlsame Arbeit mit diesen beeindruckenden Tieren prägt bis heute mein Leben und meine Sichtweise in vielen Bereichen. Aktuell befinde ich mich noch in Elternzeit und blogge in meinen eher seltenen freien Stunden seit 2016 mit 'Stoffwindelguru' über natürliche Säuglingspflege und ressourcenschonenden Familienalltag."


Was macht die Seite Stoffwindelguru so besonders?

Die Seite war ein "Spontangewächs". Die pure Begeisterung hat mich damals dazu gebracht, einen kleinen Artikel über eine getestete Stoffwindel zu schreiben. Dabei merkte ich, dass großes Interesse an solchen Berichten besteht.

Zertifizierte Materialien, Produktionsbedingungen & -standorte, Tierwohl und Qualität sollten mehr Beachtung bekommen.

Mir wurde schnell klar, auch beim Kauf einer wiederverwendbaren Windel muss man die Augen aufmachen und selbst recherchieren. Dass ich diese Infos bündeln und zur Verfügung stellen kann, war die Grundidee zur Seite. Das Guru-Team wird ständig größer und wir sind ganz frisch bei sechs Autorinnen angekommen, die leidenschaftlich für nachhaltige Themen und artgerechte Säuglingspflege stehen.

Was verstehst du unter nachhaltiger, achtsamer Säuglingspflege?

In der Babyzeit mit wenigen Produkten auszukommen, die bestmöglich produziert wurden, und dabei gleichzeitig das Wohlbefinden des Babys steigern, das ist mein Ziel.

Die Idee dahinter ist:

  1. Die Bedürfnisse des Babys sind immer richtig (der Guru ist das Baby). Das Eingehen auf kindliche Signale/Kommunikation stützt das Selbstempfinden des Kindes („Mein Körper ist richtig, meine Empfindungen auch“).
  2. Die verwendeten Materialien, ob das nun Windeln, Kleidung, Waschmittel oder Pflegeprodukte sind, müssen in unserer heutigen Zeit mit Bedacht ausgewählt werden. Die Auswahl ist riesig, das Marketing invasiv und alte Gewohnheiten schnell überholt. Daher ist es unabdingbar, gemeinsam zu recherchieren und zu philosophieren.


Auf eurem Blog berichtet ihr auch über Windelfrei, wie kamst du dazu?

Wir haben ein sehr intensives "Steinzeitbaby". Er hat mir das Prinzip 'Windelfrei' klar gemacht. Er hat z. B. nachts nur auf den Balkon als Toilettengang toleriert, wollte das Nest nicht beschmutzen.


Die meisten Eltern kennen es, irgendwann bleibt das Baby nicht mehr gelassen auf dem Wickeltisch liegen. Weinen, Strampeln, sich winden machen jedes Wickeln zur Herausforderung. In welchem Alter treten aus deiner Erfahrung meist die ersten Widerstände gegen das Wickeln auf?

Das ist eine sehr individuelle Sache, die viel mit dem Temperament des Kindes zu tun hat. Prinzipiell hängt die sich herausbildende Autonomie mit der körperlichen- & geistigen Entwicklung zusammen. Das Streben nach Selbstwirksamkeit beginnt aber nicht erst ab einem gewissen Alter, es ist eine Grundeigenschaft des Lebens an sich. Circa ab dem sechsten Monat, wenn das Kind seinen Körper selbständig drehen kann, kommt erfahrungsgemäß Energie in die Wickelsituation.


Was sind die Gründe für Wickelstreiks? Was möchten Babys und Kleinkinder ausdrücken und wie kann ich ihre Bedürfnisse erkennen?

Frust entsteht meist dann, wenn die Eltern nicht mit der Kindesentwicklung Schritt halten. Die Selbstwirksamkeit ist ein Grundbedürfnis, das auch wir Erwachsene täglich ausleben möchten und es auch meistens gut können.

Babys und Kleinkinder dagegen sind in ihrer Körperlichkeit wie auch in den äußeren Umständen stark begrenzt. Das kann ein frustrierender Zustand sein, mit dem jedes Kind individuell umgeht.

„Hilf mir, es selbst zu tun“ (M.Montessori) ist hier das Credo. Da jede Familie anders ist, gibt es für mich kein Patent-Rezept. Die Basis einer kindgerechten Reaktion der Eltern ist Verständnis. Das Kind zu beobachten, es kennenzulernen, von eigenen Einstellungen und Mustern ablassen zu können, sind gute Eigenschaften, die übrigens in keinem Alter überflüssig werden.


Wie reagiert man auf Unwillen gegenüber dem Wickeln? Was sollte man beachten, damit das Recht auf "Selbstbestimmung" und Äußerung gewahrt wird, und man trotzdem effektiv wickeln kann?

Der sog. „Unwille“ ist für mich per se nichts Negatives. Im Gegenteil: Hier will jemand mit mir kommunizieren! Deutlich! Phantastisch!

Unwillen mit Unwillen zu quittieren, baut Mauern auf. Die eigenen Sinne in diesem Augenblick zu weiten, einen mentalen Schritt zurück zu gehen, das hilft meist sehr.

Es gilt, eine Balance zu finden zwischen dem kindlichen Bedürfnis, der elterlichen Kraft und Umsetzbarkeit im Alltag. Und dieser Balanceakt findet ständig statt: Wir tarieren das richtige Maß für alle immer neu aus. Wichtig ist ein Grundwissen darüber, dass Babys nicht gerne in ihren Ausscheidungen liegen, es macht ihnen tatsächlich etwas aus. Diese angeborene Sensibilität kann man fördern oder abtrainieren. Je nachdem, ob man auf die Signale eingeht oder nicht.


Was hat es mit dem Nässefeedback auf sich?

Das Nässefeedback ist kurz gesagt die Reaktion auf gleich kommende, gerade entstehende oder bereits geschehene Nässe im Windelbereich.

Jedes Kind kommuniziert dabei anders, je nach Alter und Temperament. Manchmal sogar gar nicht. In diesem Fall kann es helfen, dem Kind das Abhalten in festen Ritualen anzubieten: Nach dem Öffnen der Windel; nach/während dem Stillen; vor dem zu Bett gehen; morgens als ersten Gang zur Toilette usw.

Welche Rolle spielen Stoffwindeln beim Nässefeedback?

Wegwerfwindeln geben dem Baby ein trockenes Gefühl – Stoffwindeln mit Mikrofasereinlage ebenso. Das kann eine kurzzeitige Erleichterung sein, kann aber auf lange Sicht gesehen, die Eigenwahrnehmung stören. Besonders dann, wenn es plötzlich nicht mehr erwünscht ist, in die Windel zu machen (Training zum Trockenwerden im Kleinkindalter).



Trainerhöschen sind so gestaltet, dass man sehr wenig am Kind hantieren muss. Sie lassen sich schlupfen oder aufklappen und das Kind erfährt keine Wickelsituation („Käfer auf dem Rücken“) im eigentlichen Sinne.

Der große Vorteil bei der Verwendung von Stoffwindeln ist die bedarfsgerechte Verwendung der Materialien. Man kann nach Wunsch an die Babyhaut Materialien mit Nässegefühl legen (wie Baumwolle, Hanf und Bambus) oder man wählt, z. B. für entspanntere Nächte, die Fleeceliner oder Wollwalk Liner (ungefettet).

Ihr seht also, es ist immer hilfreich, ein paar Alternativen anzubieten, wenn ein Kind deutlich zeigt: “Hier passt mir etwas nicht.”



Vielen Dank liebe Julia, für das Interview und danke auch an dein Team für eure wundervolle Aufklärungsarbeit.


Klickst du auf die Bilder mit den Sprüchen hier oben im Blogbeitrag, gelangst du direkt auf die dazugehörigen Instagram-Beiträge.

Einen ausführlichen Artikel von Julia zum Thema Nässegefühl und Wickelstreik findest du bei ihr im Blog.

Wir legen dir sehr ans Herz, auf den Seiten von “Stoffwindelguru” herumzustöbern. Es gibt richtig tolle Beiträge, Saugtests und Informationen zur Pflege und Anschaffung von ökologischen Windeln. Auch das Stoffwindel-ABC ist eine prima Seite, um einen Überblick über die verschiedenen "Fachbegriffe" in der Stoffwindel-Welt zu bekommen. Gerade für Stoffwindel-Neulinge ist das eine absolute Hilfe!