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26.01.21

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Erzähl mal! Wie Karolin Tragelehn es geschafft hat, einen Stoffwindelzuschuss bei ihrer Stadt zu erwirken.

Hurra!! Stollberg im Erzgebirge gehört seit Januar 2021 zu den Städten und Gemeinden, die Eltern eine Stoffwindelförderung gewährt. Viele Eltern profitieren bereits von solchen finanziellen Anreizen zur Anschaffung von waschbaren und wiederverwendbaren Stoffwindeln. Das sächsische Stollberg ist damit die erste Stadt in den neuen Bundesländern, die ihren Bürger:innen einen Stoffwindelzuschuss gewährt. Eingesetzt dafür hat sich unsere liebe Kundin und Stoffwindelberaterin Karolin Tragelehn. Wir haben sie interviewt und gefragt, wie sie es geschafft hat, bei ihrer Stadt einen Stoffwindelzuschuss zu erwirken. Welche Schritte musste sie dafür gehen? Falls auch du die Initiative für einen Stoffwindelzuschuss in deiner Stadt oder Gemeinde ergreifen willst, solltest du unbedingt ihre Tipps durchlesen!


Hallo Karolin,

herzlichen Glückwunsch! Du hast es geschafft, dass deine Heimatstadt Stollberg im Erzgebirge seit Januar 2021 einen Stoffwindelbonus gewährt. Dank deines Engagements gibt es auf unserer Landkarte mit den Stoffwindelzuschüssen nun auch einen Punkt in den neuen Bundesländern. Zur Feier dessen freuen wir uns, dass wir dich für ein Interview gewinnen konnten und erfahren dürfen, wie du das geschafft hast. Aber erzähl doch unseren Kund:innen erstmal:


Wer bist du?

Ich bin Karolin Tragelehn und Baujahr 1989. Mit meinem Mann, unserem Sohn und unserer Katze leben, lieben und lachen wir in Stollberg im schönen Erzgebirge. Ich bin gelernte Einzelhandelskauffrau, habe einen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre und arbeite aktuell als Projektmanagerin in der beruflichen Orientierung.

Was genau machst du und wie kam es dazu?

Mein Weg zu den Stoffwindeln begann in der Schwangerschaft mit dem Gedanken "Wir wollen nicht so viel Müll durch Wegwerfwindeln!" Über Gespräche mit anderen Muttis bin ich dann auf das System der Windelmanufaktur gestoßen, mit welchem wir angefangen haben. Von einer Mama habe ich auch die Facebook Gruppe „Windelmanufaktur Groupies“ empfohlen bekommen.

Über diese Gruppe habe ich zum einen andere Stoffwindel-Muttis kennengelernt die mir bei anfänglichen Schwierigkeiten geholfen haben. Dazu hab ich einfach mal vier Muttis zu mir nach Hause eingeladen. Das war ein toller Vormittag mit fünf kleinen Babys und ganz vielen tollen Stoffwindeln. Zum anderen bin ich über die Gruppe überhaupt auf den Stoffwindelzuschuss aufmerksam geworden.


Erzähl mal! – Wie hast du es geschafft, dass deine Stadt einen Stoffwindelzuschuss gewährt? Welche Schritte bist du dafür gegangen?

Eigentlich gehörte gar nicht so viel dazu. In der Facebook Gruppe „Windelmanufaktur Groupies“ wurde viel darüber gesprochen und es wurde auch immer wieder ein fertiger Brief thematisiert, welcher dafür genutzt werden kann. Ich hab mir einfach gedacht, wer nicht probiert, der nicht gewinnt. Und wenn Bürger:innen keine Vorschläge machen dann kann auch nicht viel in einer Stadt passieren. Denn selbst wenn dort fähige, nachhaltige, ideenreiche Menschen sitzen, wenn sie kein Baby haben und schon mal was von modernen Stoffwindeln gehört haben, dann ist der Weg, um genau auf diese Idee zu kommen schon recht schwer.

Also hab ich einfach mal einen Brief an die Stadt geschrieben. Nach ein paar Wochen hab ich dann nochmal angerufen. Ich bin von Haus aus ein sehr ungeduldiger Mensch und wenn ich was nachfrage dann möchte ich auch eine Antwort. Und zu meiner Überraschung, wusste die Dame am Telefon sofort Bescheid und sagte mir, dass sie die Ideen ganz super finden und sich sehr gern mal mit mir unterhalten wollten. Durch Corona verschob sich der Termin zwar von März auf Juli aber „Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben“.

Also hab ich mich auf das Gespräch vorbereitet, Windeln eingepackt und bin zu diesem Termin. Danach ging der Vorschlag dann an den Oberbürgermeister. Und nach kurzer Zeit wurde ich von den Damen der Stadtverwaltung wieder angerufen und mir wurde die gute Nachricht überbracht. Der Stoffwindelzuschuss wurde genehmigt und ab 2021 können Eltern davon profitieren. Da hab ich mich richtig gefreut und war auch ziemlich stolz.


Welche Hilfsmittel hast du dafür genutzt?

Für mich war der vorgefertigte Brief in der Facebook Gruppe „Windelmanufaktur Groupies“ wirklich ein Aspekt der Einfachheit und Zeitersparnis. Ich hab einfach den Brief runtergeladen, auf mich und meine Stadt angepasst und weggeschickt. Vor meinem Termin bei der Stadt habe ich auch in der Gruppe nochmal nach Vorteilen, Nutzen und auch nach der gewünschten Höhe des Zuschusses für die Stoffwindeln gefragt.


Was rätst du anderen, die bei ihrer Stadt/Gemeinde auch einen Stoffwindelzuschuss initiieren wollen?

Einfach Brief schreiben, abschicken und bei Bedarf nachfragen. Und für alle die sich vorher etwas besser vorbereiten wollen als ich oder schonmal eine Absage bekommen haben und es erneut versuchen wollen, würde ich empfehlen über folgende Fragen nachzudenken.

  • Gibt es eventuell schon Gemeinden die Zuschüsse, Begrüßungsgeld oder ähnliches zahlen?
  • Gibt es im Stadtrat Menschen die sich für nachhaltige Stadtentwicklung, Klimaschutz oder die Energiewende einsetzen?
  • Was setzt sich die Stadt für Ziele in der Stadtentwicklung?
  • Gibt es Windeltonnen oder Säcke bei den Abfallwirtschaftsunternehmen?
  • Warum das wichtig ist?

Städte untereinander sind in einem Wettbewerb um Einwohner, und solche Zuschüsse können einen Zuzug von Familien begünstigen. Damit lässt sich dann in einem Gespräch gut argumentieren.

Ebenso müssen solche Anträge meist im Stadtrat diskutiert und genehmigt werden. Es könnte also wichtig sein, vorher die einzelnen Mitglieder im Stadtrat darauf aufmerksam zu machen. Wenn also der Bürgermeister eher bekannt dafür ist, solche Dinge nicht zu genehmigen. Aber andere im Stadtrat sich dafür einsetzen, dann empfehle ich, den Brief oder die Briefe erst an die Stadträte zu schicken. Diese könnten dann den Vorschlag der Stadt unterbreiten.

Wichtig ist, glaube ich immer, der Stadt einen Nutzen für sich darzustellen. Es geht ja nicht um den einzelnen Stoffwindelnutzer sondern darum, ein Nachdenken anzuregen und Nachhaltigkeit zu fördern.


Wer ist bei der Stadt meist für solche Anliegen zuständig? Wo fängt man da an nachzufragen? Wo hast du zuerst angefragt?

Die Stadtverwaltungen sind in Geschäfts- oder Fachbereiche aufgegliedert. Bei uns ist der Bereich „Soziale Angelegenheiten“ im Bereich Innenstadtmanagement im Geschäftsbereich der Beigeordneten (Bau-/ Ordnungsamt) angesiedelt. Die Mitarbeiter aus dieser Abteilung haben sich in meinem Fall darum gekümmert. Ich hatte meinen Brief aber einfach an die Adresse der Stadtverwaltung geschickt. In unserem kleinen Stollberg ist das in Ordnung. In einer größeren Stadt könnte er natürlich aber verloren gehen. Empfehlen würde ich daher, sich einfach im Bürgerservice mit der Frage „Wo können Familien Ideen für eine nachhaltige Stadtentwicklung einreichen“ zu erkundigen.


Gab es irgendwelche Hürden/Stolpersteine? Gab es Gegenstimmen/Gegenwind von Vertreter:innen der Stadt, die den Zuschuss nicht wollten und hatten sie eine Begründung dafür?

In meinem Fall gab es keine Gegenstimmen oder Gegenwind. Ich habe die Verhandlungen der Höhe des Zuschusses als Hürde empfunden. Und als Stolperstein muss ich die Gleichbehandlung nennen. Ich bin davon ausgegangen, dass der Zuschuss eine Belohnung für die Nutzer sein soll. Dies ist aber im Sinne der Gleichbehandlung nicht erlaubt. Es muss also für alle das gleiche geben, in unserem Fall also Geschenk oder Zuschuss.


Erzähl auch mal ein bisschen davon, wie die Sitzung ablief, in der die Entscheidung zum Stoffwindelzuschuss getroffen wurde. Und was hat es mit dem Geschenk auf sich?

Zum vereinbarten Termin bin ich dann mit meinem kleinen Windelpaket und Baby gegangen. Das Gespräch hat dann die Mitarbeiterin der Stadt begonnen. Sie ist nochmal darauf eingegangen wie gut die Idee ist, und dass sie das gern unterstützen wollen.

Ich hab dann einfach mal ein paar Stoffwindeln gezeigt und wir haben über die Vorteile gesprochen. Nachdem die Mitarbeiter mich auch über den Aspekt der Gleichbehandlung informiert hatten, sind wir auf die Höhe des Zuschusses zu sprechen gekommen.

Bei meiner vorherigen Recherche bin ich darauf gestoßen, dass die unmittelbare Nachbargemeinde 250€ Begrüßungsgeld für jedes Neugeborene zahlt. Das ist natürliche eine hohe Summe und hat auch meine „Erwartungen/ Anforderungen“ nach oben geschraubt. Bei dem Gespräch habe ich auch dieses Argument angebracht. Der Mitarbeiter der Stadtverwaltung hat mir dann aber super erklärt, warum diese Summe in unserer Stadt nicht möglich ist. Die Nachbargemeinde hat wesentlich weniger Einwohner und sonst nur sehr wenig Angebote für Familien und Kinder. In unserer Stadt gibt es mehrere Kindergärten, einen Jugendclub, einen Kulturbahnhof, viele Sportstädten und so weiter. Das alles sind schon Dinge, die die Stadt für die Kinder und Familie unterstützt und fördert.

Der Vorschlag der Stadtverwaltung war dann folgender: In unserer Stadt bekommen die Neugeborenen schon seit einigen Jahren ein Begrüßungsgeschenk. Das Geschenk umfasst eine Mitgliedschaft für die Stadt Bibliothek, ein Kuscheltier und eine Zaubermaltafel und hat einen Wert von ca. 30€. Und dieser Wert soll auch für den Stoffwindelzuschuss genutzt werden. Somit sind alle gleichgestellt und die Auswahlmöglichkeit ist gegeben.

Ein weiterer Vorteil davon war, dass im Stadtrat der Beschluss nur mitgeteilt wurde. Denn da es keine Änderung des Geldwertes gab, musste der Stadtrat auch nicht um Genehmigung gebeten werden.


Wie kommt man an den Stoffwindelzuschuss? Welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein? Was muss man einreichen/nachweisen?

Den Stoffwindelzuschuss beantragt man einfach über ein Formular, welches auf der Internetseite der Stadtverwaltung hinterlegt ist. Die Stoffwindeln können neu aber auch gebraucht sein. Das war mir nämlich wichtig und hatte ich auch im Gespräch mit angebracht. Daher reicht auch ein Überweisungs- oder PayPal-Beleg über den Kauf der Stoffwindeln. Voraussetzung ist, dass das Kind auch Anspruch auf das Begrüßungsgeschenk hätte und dieses dann nicht in Anspruch nimmt.


Und jetzt bist du auch noch Stoffwindelberaterin geworden, wie kam es dazu?

Im Laufe der Zeit habe ich immer wieder Eltern kennengelernt, die auch mit Stoffwindeln wickeln. Aber mit anderen Systemen und da hab ich festgestellt, es sind alle gut, und für jede Familie und deren Anforderungen findet sich das passende System.

Daher hab ich mir im Sommer 2020 die Frage gestellt, wer macht in unserer Region jetzt die modernen Stoffwindeln bekannt, wer erklärt das alles den Eltern und hilft bei Problemen? Die Antwort kam sehr schnell. Ich mache es! Und das war der Startschuss für meine Ausbildungen bei den Stoffwindelexperten und der Stoffwindelakademie. Die Videos, Skripte, Fallbeispiele und der Austausch mit anderen Stoffwindelberaterinnen haben mich super auf meine Tätigkeit als Stoffwindelberaterin vorbereitet.

Die Welt der Stoffwindeln ist riesengroß und daher möchte ich für meine Kunden:innen in der Welt der Stoffwindeln ein Inspirationsgeber oder Reiseführer sein. Daher biete ich seit September Einzel- und Paarberatungen, Kleingruppenberatungen und Workshops an. Auf Grund der aktuellen Situation natürlich auch online. Miet- und Testpakete sollen im Laufe des Jahres dazu kommen.


Vielen Dank, liebe Karolin, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast und andere Eltern deiner Infos nun wissen, wie sie auch in ihrer Stadt oder Gemeinde einen Stoffwindelzuschuss beantragen können. Wir wünschen dir mit deiner Stoffwindelberatung weiterhin ganz viel Erfolg für die Zukunft.


Gewährt deine Stadt oder Gemeinde auch einen Stoffwindelzuschuss? Falls nicht: Weißt du, welche Gründe es dafür gibt? Schreibe es in die Kommentare und mit ein bisschen Glück kannst du eine kleine Überraschung von uns gewinnen.

In unserer Facebook-Gruppe den "WindelManufaktur Groupies" findest du bereits eine Textvorlage einer Kundin. In Kürze stellen wir auch noch mal eine Briefvorlage und zusätzliche Tipps auf unsere Infoseite zum Stoffwindelzuschuss.