Unsere nachhaltige Produktpolitik
Wie wird ein nachhaltiges Produktsortiment geschaffen?
Einen Betrieb zu führen, ist eine sehr facettenreiche und umfangreiche Aufgabe. Einen nachhaltigen Betrieb zu führen, erweitert diese anspruchsvolle Aufgabe um die Frage, wie jeder noch so kleine Bestandteil des Unternehmens möglichst ökologisch und sozial gestaltet werden kann.
Was ist Produktpolitik?
Die Produktpolitik spielt schon lange eine wichtige Rolle im Marketing, an dem sich Unternehmen beim Entwerfen ihrer Strategie orientieren. Klassischerweise geht es in der Produktpolitik um die Programmgestaltung, Innovationen, Produktvariation, -differenzierung und -elimination. Im Großen und Ganzen geht es also darum, welche Produkte man auf den Markt bringen möchte und welche Eigenschaften diese haben sollen. Meistens steht das ökonomische Ziel im Vordergrund, also um jeden Preis einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Doch wie sieht das Ganze in einer Welt aus, in der immer mehr Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzen und den sozial-ökologischen Zusatznutzen ihrer Produkte (also soziale und ökologische Ziele) als mindestens genauso wichtig erachten, wie den wirtschaftlichen Erfolg?
Was ist nachhaltige Produktpolitik?
Um das genauer zu beleuchten, haben wir uns damit befasst, wie nachhaltige Produktpolitik aussehen kann und wie wir diese bei der WindelManufaktur + Von Ocker und Rot umsetzen. Nachhaltige Produktpolitik zeichnet sich dadurch aus, dass ein Produkt im Vergleich zu einem vergleichbaren Produkt eine höhere sozial-ökologische Qualität aufweist. In diesem Fall bedeutet das, dass eine Windel der WindelManufaktur oder eine waschbare Slipeinlage von Von Ocker und Rot durch die erfolgreiche nachhaltige Produktpolitik ökologischer und sozialverträglicher ist, als eine andere Slipeinlage.
Für eine nachhaltige Produktpolitik werden alle Stufen im Wertschöpfungskreislauf betrachtet, um festzustellen, wie jeder einzelne Schritt dazu dienen kann das Unternehmen und die Produkte nachhaltig zu gestalten. So nähen wir dank Solardach mit eigenem Strom. Wir überlegen immer wie wir weniger Ressourcen verbrauchen. Bei unseren Produkten sind alle Teile zu reparieren. Das heißt, wir benutzen bewusst keine Fügetechnik, die das Produkt zerstört. Wir schmeißen nichts weg. Wir planen unsere Schnitte so, dass fast kein Rest entsteht. Dann ist der Versand bei uns. Wir schauen, dass wir kaum Wege haben. Zwischen Produktion, Marketing oder Versand gehen wir hier zu Fuß. Wir arbeiten mit mehreren Schuhläden zusammen und bekommen Kartons zum Verschicken, die sonst in die Presse gehen würden und so ein zweites Leben haben. Selbst unser Papierklebeband klebt nicht vorher, sondern wird mit Kartoffelstärke nass gemacht und dann klebt es. Wir schauen auf jeden Aspekt im Wertschöpfungskreislauf.
Der Wertschöpfungskreislauf
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kupp, 2013, S.328-329 und Balderjahn, 2013, S.169
Planung und Entwicklung - Produktinnovation
Von Beginn an wird bei uns das Thema Nachhaltigkeit in die Planung und Entwicklung mit einbezogen, sodass von Anfang an ein nachhaltiges Produkt entwickelt wird. Gleichzeitig bleibt das Thema Innovation immer aktuell, denn es wird permanent nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Ideen und Produkte überprüfen wir so früh wie möglich: Es macht ja keinen Sinn, massenhaft Ressourcen aufzuwenden, um ein Produkt auf den Markt zu bringen, welches dann keiner kaufen möchte.
Außerdem werden alle Prozesse in unserem Unternehmen ständig begutachtet und nachhaltig gestaltet (z.B. eine ressourcenschonendere Produktion).
Bei der WindelManufaktur spielte das Thema Nachhaltigkeit von Anfang an eine sehr wichtige Rolle. So hat Stephanie eine Windel entwickelt, die durch ihr 3-in-1-System besonders wenig Wäsche verursacht, da häufig nur die Einlagen gewaschen werden müssen. Somit ist die WindelManufakturWindel nicht nur ökologischer als Wegwerfwindeln, sondern auch ökologischer als viele andere Stoffwindeln.
Planung und Entwicklung – Programmgestaltung
Beim Gestalten des Produktprogramms bestimmen wir, wie das Warensortiment des Unternehmens aufgebaut ist. Man kann die Progammbreite verändern, also bestimmen, wie viele verschiedene Produktkategorien angeboten werden. Die WindelManufaktur hat eine recht weite Programmbreite, denn es werden nicht nur Windeln angeboten, sondern auch verschiedene andere nachhaltige Produkte, die viele Wegwerfartikel ersetzen. Darunter zählen z. B. unsere Feuchttücher, Wickelunterlagen, Stilleinlagen und Schwimmwindeln. Auch die Programmtiefe kann man anpassen. Das bedeutet, dass man mehrere Formen des gleichen Produkts anbietet - z.B. die Innenwindeln aus PUL, TENCEL™ Fasern oder Wolle.
Außerdem kann man Produkte aufnehmen, die eine höhere oder niedrigere Qualität ausweisen – um so passende Produkte für verschiedene Bedürfnisse anbieten zu können.
Stephanie ist ständig auf der Suche nach neuen Materialien und neuen Methoden, die die Qualität der Produkte noch weiter steigern sollen und somit die Produkte noch langlebiger machen.
Beschaffung
Beim Einkauf wird darauf geachtet, dass die Rohstoffe möglichst umweltgerecht und wenig energieintensiv sind; dabei werden Lieferanten ausgewählt, die selbst eine hohe sozial-ökologische Qualität aufweisen.
Bei der WindelManufaktur wird großen Wert darauf gelegt, dass die Stoffe aus demokratischen Ländern kommen, wo vertretbare Arbeits- und Anbaubedingungen herrschen. Zum großen Teil werden zertifizierte Stoffe verwendet. Wenn möglich, werden recycelte Materialien genutzt, sodass ihnen ein weiteres Leben geschenkt wird. Bei der WindelManufaktur werden z.B. Schwimmwindeln aus einem Stoff hergestellt, der aus alten Fischernetzen besteht.
Beim Bestellen von Rohstoffen und anderen Produkten ist es sinnvoll, Verbundeffekte zu nutzen. In der WindelManufaktur und bei Von Ocker und Rot wird darauf geachtet, dass bestellte Stoffe sowohl für Windeln, als auch für andere Produkte verwendet werden können. Somit entstehen kaum Reste und die Transportwege des Materials werden auf ein Minimum reduziert.
Produktion
In der Produktion wird auf einen bedachten Energieeinsatz geachtet. Es wird bei uns an jeder Stelle sparsam mit Strom umgegangen. Mit unserem Umzug auf die Großenhainer Str. 21 haben wir uns viele Gedanken über unseren Strom und verschiedene Energiequellen gemacht. Als Resultat besitzen wir jetzt ein großes Solardach und können unsere Produktion mit unserem eigenen umweltfreundlichen Strom versorgen.
Uns ist wichtig, dass alle Ressourcen im Produktionsprozess so effizient wie möglich genutzt werden. Diese Haltung durchzieht alle Teile der Produktion bis hin zu den Stoffresten: es wird so produziert, dass möglichst wenig Müll entsteht. Eines der wichtigsten Aspekte dabei ist, dass die Produkte langlebig sind und nicht mit einer geplanten Obsoleszenz produziert werden. So können die Windeln problemlos mehrere Geschwisterkinder nacheinander durch deren gesamte Wickelzeit begleiten und danach an andere Familien weitergegeben werden.
Marketing
Marketing ist der nächste Schritt im Wertschöpfungskreislauf, allerdings bin ich der Meinung, dass dieser Punkt sehr umfangreich ist und zudem eher der Kommunikationspolitik als der Produktpolitik zuzuordnen ist, weshalb ich hier jetzt nicht weiter darauf eingehe.
Logistik und Verpackung
Weiter geht es stattdessen mit der Logistik und Verpackung, denn insbesondere das Thema Verpackung gehört eindeutig zur nachhaltigen Produktpolitik. Verpackungen sollten zwar funktional, aber auch wiederverwendbar sein. Auch beim Transport wird an die Umwelt gedacht, z. B. wird weniger Verpackungsmaterial benötigt, wenn die Waren in größeren Bündeln verschickt werden.
Die WindelManufaktur und Von Ocker und Rot nutzen für den Versand gebrauchte Kartons und anderes Verpackungsmaterial. Verschickt wird mit DHL Go Green, wo die durch den Transport verursachten Treibhausgase durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden.
Ge-/ und Verbrauch
Wenn das Produkt beim Kunden angekommen ist, muss es sparsam zu verwenden sein, langlebig und möglichst reparabel sein. Außerdem dürfen natürlich keine gesundheitsgefährdenden Stoffe enthalten sein oder austreten und die Verwendung sollte möglichst schadstofffrei und energiearm sein.
Durch die geringere Windelwäsche, ist die Nutzung der ManufakturWindel relativ energiearm möglich. Schadstoffe sind selbstverständlich auch nicht vorhanden und somit sind unsere Windeln den Wegwerfwindeln klar überlegen. Dass unsere Produkte sehr langlebig konzipiert sind, habe ich ja auch bereits weiter oben erwähnt.
In unserem Atelier gibt es zwei Mitarbeiter*innen, die im Bereich der Reparatur jahrelange Erfahrungen haben und wir können die allermeisten Beschädigungen an unseren Produkten so reparieren, dass ihre Lebenszeit massiv verlängert wird.
Wiederverwendung
Wiederverwendung bedeutet, dass entweder das Produkt selbst mehrfach wiederverwendet werden kann, oder aber das Material kann wiederverwendet werden.
Alle Produkte von der WindelManufaktur und Von Ocker und Rot sind darauf ausgelegt, dass sie immer wieder benutzt werden können. Es geht ja eben genau darum, Dinge zu ersetzen, die nur einmal genutzt werden und dann weggeschmissen werden. Nach dem Gebrauch in einer Familie, werden sie sogar häufig noch weiterverkauft und werden dann in zweiter Hand genutzt.
Entsorgung/ Verwertung
Hier geht es darum, dass das Abfallvolumen möglichst gering zu halten ist und dass das Produkt ggf. in Einzelteile zerlegbar ist, damit diese unterschiedlich verwertet werden können. Außerdem sollte bedacht werden, welche Entsorgungsform in Frage kommt. Ist das Produkt biologisch abbaubar? Kann man es in Stoffe zerlegen, die wiederverwendet werden können und somit zu einem neuen Produkt werden können?
Selbst wenn es mal vorkommen sollte, dass eine WindelManufakturWindel nicht mehr zu gebrauchen ist und auch nicht mehr reparabel ist, so sind die Stoffe der Windeln zum größten Teil biologisch abbaubar. Und selbst das, was übrig bleibt, ist mit dem Abfallvolumen von Wegwerfwindeln nicht zu vergleichen.
Vergleich der Umweltbelastung von Stoffwindeln und Einwegwindeln
Hier wird die Umweltbelastung pro Kleinkind pro Jahr der jeweiligen Windeln zugeordnet. Die Einwegwindel hat eine 20 bis 30-mal höhere Landnutzung als die Stoffwindel und zudem wird vier bis fünfmal so viel Energie verbraucht. Außerdem wird 60 bis 90-mal mehr Abfall produziert. Lediglich die verbrauchte Wassermenge ist bei Einwegwindeln minimal geringer als bei Stoffwindeln. Insgesamt schneidet die Stoffwindel also bedeutend besser ab.
An dieser Stelle sei jedoch gesagt, dass es unglaublich schwierig ist, eine Ökobilanz für Stoffwindeln zu erstellen, da sie von extrem vielen Faktoren beeinflusst wird:
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Welches Windelsystem wird genutzt und wie häufig wird gewickelt? Davon hängt die Wäschemenge ab.
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Bei welcher Temperatur wäscht man? Davon hängt der Energieverbrauch der Waschmaschine ab.
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Was für eine Maschine nutzt man? Je nachdem, kann der Energieverbrach stark variieren.
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Wird ein Trockner genutzt? Dieser beeinflusst die Bilanz ebenso.
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Welches Waschmittel genutzt? Ökowaschmittel wirken sich positiv auf die Ökobilanz aus.
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Für wie viele Kinder werden die Windeln genutzt? Bei jedem weiteren Kind, das die Windeln in zweiter Hand nutzt, verbessert sich die Ökobilanz.
Dazu kann man sich noch viele weitere Faktoren überlegen.
Der Schluss, den ich daraus ziehe ist, dass jeder Anwender und jede Anwenderin selbst die Möglichkeit hat, die Ökobilanz der Windeln selbst positiv mitzugestalten. Die Produktpolitik kann hier nur im gewissen Maße die Voraussetzungen schaffen. Dennoch wird bei der WindelManufaktur und Von Ocker und Rot eine erfolgreiche nachhaltige Produktpolitik betrieben, denn ihre Produkte weisen eine höhere ökologische und soziale Qualität auf als andere Windeln.
Über die Autorin - Wer hat den Artikel geschrieben?
Ich habe selbst einen kleinen Sohn, der mit Stoffwindeln gewickelt wird und wurde so dazu inspiriert, im vergangenen Semester eine Präsentation über „nachhaltige Produktpolitik am Beispiel von Stoffwindeln“ in einer meiner Veranstaltungen an der Hochschule zu halten.
Ich freue mich, meine Ergebnisse hier vorstellen zu dürfen.
Literatur:
Balderjahn, Ingo (2013): Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten, Konstanz und München: UVK
Bröring, Stefanie (2015): Nachhaltigkeitsorientierte Produktpolitik. Fallstudie: Pampers von Procter & Gamble. In: Griese, Kai-Michael (Hg.): Nachhaltigkeitsmarketing. Eine fallstudienbasierte Einführung, Wiesbaden: Springer Gabler
Koene, Merlin u.a. (2014): Nachhaltigkeitsmarketing in der Konsumgüterindustrie am Beispiel der Unilever Deutschland GmbH. In: Meffert, Heribert / Kenning, Peter / Kirchgeorg, Manfred (Hg.): Sustainable Marketing Management. Grundlagen und Cases. Wiesbaden: Springer Gabler
Kupp, Martin (2013): Nachhaltigkeitsmarketing. In: Baumast, Annett / Pape, Jens (Hg.): Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, Stuttgart: Eugen Ulmer
Meffert, Heribert / Burmann, Christoph / Kirchgeorg, Manfred (2015): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente- Praxisbeispiele. 12. überarbeitete und aktualisierte Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler
Meffert, Heribert / Kirchgeorg, Manfred (1998): Marktorientiertes Umweltmanagement. Konzeption Strategie Impementierung. 3. unveränderte Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel
Internetquellen
https://www.windelmanufaktur.com/de/ (Stand: 22.05.2018)
Vorsamer, Barbara: Wickeln: Sind Stoffwindeln ökologischer? http://www.sueddeutsche.de/leben/nachhaltigkeit-stoffwindeln-oder-wegwerfwindeln-was-ist-oekologischer-1.3043389 (Stand: 22.05.2018)
http://www.naturwindeln.de/umwelt.php (Stand: 22.05.2018)
http://www.bremer-umwelt-beratung.de/umwelttipps-kinder-windeln.html (Stand: 22.05.2018)
http://einfachklein.de/jede-windel-zaehlt-ausbildung-zur-stoffwindelberaterin/ (Stand: 22.05.2018)
https://www.australiannappyassociation.org.au/are-cloth-nappies-as-bad-for-the-environment-as-disposable-nappies/ (Stand: 22.05.2018)